Der Vorstand der Tafel Marburg e.V. reagiert auf den vielfachen Wunsch aus der Bevölkerung und hat einstimmig beschlossen, ein Spendenkonto für Bedürftige einzurichten. Hintergrund ist das geplante städtische Programm „Marburg Miteinander – Gemeinsam sicher durch die Krise“, welches u. a. vorsieht, Gutscheine an alle MarburgerInnen zu verteilen. „Bereits vor der letzten Stadtverordnetenversammlung, auf der das beschriebene Hilfsprogramm beschlossen wurde, wurden wir als Tafel auf unterschiedlichen Wegen kontaktiert. Grundsätzlich wurde das städtische Programm begrüßt, wenngleich das sogenannte Gießkannenprinzip zur Verteilung der Gelder nicht sozial ausgewogen ist. Daher freut es mich jetzt sehr, mitteilen zu können, dass die Tafel Marburg dem Wunsch aus der Bevölkerung nachkommt und sich aktiv in den Prozess einbringen wird“, erklärt die Tafel Vorsitzende Rita Vaupel die Hintergründe.

Wichtig ist es dem Tafel-Vorstand zu betonen, dass die aus der Öffentlichkeit heraus formulierten Impulse aufgegriffen werden. Neben der direkten und persönlichen Ansprache ist nun auch in den Leserbriefen der heimischen Tageszeitung die Aufforderung an die Marburger Tafel dokumentiert. „Seit über 20 Jahren kümmern wir uns in Marburg und dem Landkreis um Bedürftige, da kann ich die Bitte der Menschen schon nachvollziehen“, sagt Rita Vaupel und führt aus, „es ist doch wunderbar zu sehen, dass die MarburgerInnen solidarisch sind und die, die ausreichend Geld haben, nicht auf diese Gutscheine angewiesen sind und diese gerne spenden möchten“. Bereits in der letzten Woche habe die Tafel den hauptamtlichen Magistrat der Universitätsstadt über die Aktion informiert und um weitere Informationen zur Verteilung der Gutscheine gebeten. „Obwohl wir bislang noch keine weiteren Informationen seitens der Stadt erhalten haben, sind wir nun, wie übrigens angekündigt, aktiv geworden und haben unsere Ideen weiterentwickelt und ein neues, separates Spendenkonto eingerichtet“, beschreibt Rita Vaupel das Vorgehen des ehrenamtlichen Vereins und betont, „sollte eine Übertragung der Gutscheine an Dritte von der Stadt nicht ausgeschlossen werden, freuen wir uns natürlich auch über gespendete Gutscheine.“

Durch das Spendenkonto soll es den finanziell gut aufgestellten BürgerInnen ermöglicht werden, einen Betrag, äquivalent zu dem Gutscheinwert, an Bedürftige zu spenden. Eine Familie mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern würde den Ideen der Stadt Marburg folgend Gutscheine im Wert von 140 Euro erhalten. Wenn diese Familie auf die Gutscheine nicht angewiesen sein sollte und spenden möchte, kann sie nun 140 Euro spenden. Die Gutscheine würde die Familie in diesem Fall selbst behalten. Um deutlich zu machen, dass es sich hierbei nicht um Spenden für Lebensmittel oder die Tafel als Verein handelt, wurde ein neues, separates Spendenkonto für Bedürftige angelegt. „Wir machen von Beginn an deutlich, dass es sich bei diesem Projekt um eine Aktion unabhängig unserer normalen, ehrenamtlichen Arbeit handelt. Wir sind sozusagen lediglich die Schnittstelle zwischen den SpenderInnen und den Bedürftigen“, sagt die Tafel Vorsitzende. Um diese Unabhängigkeit zu betonen, habe sich die Tafel die Hilfe einer weiteren, externen Unterstützerin gesichert. Frau Nadine Bernshausen, Richterin und Präses des Kirchenkreises Marburg, ist der Kassiererin und der Tafel Vorsitzenden als Verfügungsberechtigte des neuen Spendenkontos gleichgestellt. „Ich freue mich sehr über das Engagement der Tafel Marburg, wo seit Jahren eine großartige Arbeit geleistet wird und helfe sehr gerne bei der Umsetzung dieses Projektes mit. Die individuellen, wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise lassen sich bislang nur erahnen, umso wichtiger ist es bereits jetzt, Bedürftigen zielgerichtet zu helfen“, sagt Nadine Bernshausen. Auch der Vorstand der Tafel Marburg, der Frau Bernshausen bereits kennenlernen durfte, schätzt die Zusammenarbeit. „Frau Bernshausen bringen wir großes Vertrauen entgegen, was sie sowohl ehrenamtlich als Präses des Kirchenkreises Marburg als auch beruflich im Richteramt unter Beweis gestellt hat. Sie kennt Marburg und die MarburgerInnen, sowie die Anliegen Bedürftiger. Wir sind für ihre Hilfe sehr dankbar“.

Selbstverständlich werden die gespendeten Gelder ausschließlich für Einkäufe im örtlichen Handel und Gewerbe genutzt und kommen Bedürftigen zugute. Neben den tausenden Tafel-KundInnen habe die Tafel Marburg seit Ausbruch der Corona-Krise direkt miterleben müssen, wie die Zahl der Menschen, die plötzlich auf Hilfe und Unterstützung angewiesen sind, sprunghaft ansteige. „Bevor nach den Sommerferien
die Schule beginnt, treibt es bereits jetzt viele Menschen umher, wie sie ihre Kinder mit dem Notwendigen für den Schulstart versorgen können. Wir können uns hier sehr gut vorstellen, dass wir die Spendengelder für Schulranzen und weiteres Unterrichtsmaterial nutzen. Die Förderung des familiären Zusammenhaltes durch gemeinsame Freizeitaktivitäten in Marburg, die dann von dem Geld bezahlt werden könnten, ist ein weiterer Punkt, die Gelder sinnvoll zu nutzen“, erklären Nadine Bernshausen und Rita Vaupel. Neben Kindern, Familien sowie Studentinnen und Studenten sollen auch bedürftige RentnerInnen von den Geldern profitieren. „Es gibt auch in Marburg viele Menschen, die ihr ganzes Leben hart gearbeitet haben und jetzt jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Da ist so etwas wie ein Ausflug in ein Marburger Café nicht drin. Einfach mal einen schönen Nachmittag in Begleitung von anderen erleben, ist sicherlich auch eine schöne Art, die Spenden zu nutzen“, beschreiben Bernshausen und Vaupel den weiteren Ansatz.

Sobald die Stadt Marburg weitere Informationen zu den geplanten Gutscheinen der Tafel mitteilt, könne das vorhandenen Konzept ergänzt und erweitert werden. Sollte von städtischer Seite eine Übertragung der Gutscheine an Dritte nicht ausgeschlossen werden, können selbstverständlich auch die Gutscheine in Reinform der Tafel Marburg gespendet werden. Bereits ab jetzt ist das Spendenkonto für Bedürftige eingerichtet. Unter der IBAN DE45 5335 0000 0011 0151 58 und der BIC HELADEF1MAR bei der Sparkasse Marburg-Biedenkopf werden Spenden für Bedürftige angenommen.

 

Bildunterschrift:
(v.l.) Gemeinsam wollen die Präses des Kirchenkreises Marburg, Nadine Bernshausen, und die Vorsitzende der Tafel Marburg e.V., Rita Vaupel, Bedürftige unterstützen und damit dem Wunsch und den Aufforderungen aus der Marburger Bevölkerung nachkommen. Das Foto entstand im Corona-Notbetriebs-Zelt der Tafel.